Materialien zu Zwei-Ton-Universen

Einschränkung:
Wir untersuchen in einem ersten Schritt die Eigenschaften von Zweiton-Universen aus dem Grundgegenstandsbereich der 88 Klaviertöne, deren Längen im Ψ-Universum in 64-tel-Schritten von einem 64-tel bis zu einer ganzen Note quantifiziert ist. Klickgeräusche,  intratonale Frequenzänderungen und Tonverschmelzungen werden zunächst also ausgeschlossen. Es gibt auch kein Element Stille, respektive Pause (Π), weil eine Pause zwischen den zwei Ψ-Elementen ein Dreielement-Universum konstituieren würde. An erster oder zweiter Stelle liesse eine Pause ein nicht eingebettetes Zweitonuniversum zu einem Eintonuniversum kollabieren.

Ein Zweiton-Universum mit diesen Einschränkungen besteht also aus:

  • einem zweielementigen Φ-Universum, dessen zwei Elemente folgende Eigenschaften besitzen:
Erstes Element (1)

Einstellige Eigenschaften

Frequenz

Offset (Endpunkt)

Dauer

 

Zweistellige Eigenschaften

Höhenverhältnis zum zweiten Ton

Längenverhältnis zum zweiten Ton

Zweites Element (2)

Einstellige Eigenschaften

Frequenz

Onset (Einsatzzeitpunkt)

Dauer

 

Zweistellige Eigenschaften

Höhenverhältnis zum ersten Ton

Längenverhältnis zum ersten Ton

Zur vollständigen Beschreibung des Universums genügen Frequenz und Dauer und Offset(1) oder  Onset(2), die 2-stelligen Verhältnisse sind redundant, respektive invers oder symmetrisch.

Es gibt = 379‘456 zweielementige Φ-Universen (7 mögliche Dauern, 88 mögliche Tonhöhen)

Onset(1) konstituiert in einem kontextfreien Zweiton-Universum das Universum selber. Werden Zweiton-Universen in grössere Universen eingebettet, werden die Elemente in ihrer Eigenschaftsstruktur verändert. Das erste Element besitzt in diesem Fall (wenn es nicht am Ursprung eines grösseren Universums eingebettet ist) die weitere Eigenschaft Onset(1) (Einsatzzeitpunkt)

  • einem zweielementigen Ψ-Universum, dessen zwei Elemente folgende Eigenschaften besitzen
Erstes Element (1)

 

Einstellige Eigenschaften

Tonhöhe

Offset (Endpunkt)

Dauer

 

 

Zweistellige Eigenschaften

Höhenverhältnis zum zweiten Ton

Längenverhältnis zum zweiten Ton

Zweites Element (2)

 

Einstellige Eigenschaften

Tonhöhe

Onset (Einsatzzeitpunkt)

Dauer

Intervallfärbung

 

Zweistellige Eigenschaften

Höhenverhältnis zum ersten Ton

Längenverhältnis zum ersten Ton

Die zweistelligen Eigenschaften konstiuieren die Qualia-Eigenschaft eines zweitönigen Objektes 1.2 (?):
·                 1.2 hat Intervallqualiacharakter («quntig», «sekundig», «quartig»…)
·                 1.2 hat «Zusammenhangsqualität» (Töne werden als Einheit empfunden, wenn sie nahe beineinander sind und als relativ unverbunden empfunden, wenn sie weit auseinanderliegen à Gestaltcharakter, ihre «Bindungskräfte sind auch abhängig von der Tondauernstruktur).

 

Lässt sich die Qualia-Eigenschaft von 1.2 auf die Eigenschaften von 1 und 2 reduzieren? Wenn nein, was ist der ontologische Status von Ψ (1.2)?

Wie wird eine Intervallqualität kognitiv repräsentiert?

Ist der Qualia-Intervall-Charakter (zum Beispeil das Terzige einer Terzfolge) eine Eigenschaft des zweiten Elements (ihre Wahrnehmung folgt ja zeitlich mit dem Erklingen des zweiten Elements zusammen) oder ist es eine Eigenschaft des Individuenkomplexes aus erstem und zweitem Element?  Wird dem ersten Element beim Erklingen des ersten retrospektiv eine Eigenschaft «erster Teil einer Terz» zugefügt? Falls ja: lassen sich allgemeine kognitive Gesetze der retrospektiven Konstruktion von Elementen formulieren (z. B. «Erinnerungen sind unablässig retrospektiv nachkorrigierte Individuenkonstruktionen»). Vermutlich ist es sinnvoller, den Intervallcharakter als einstellige Eigenschaft des zweiten Tones zu erklären. Dies hätte auch Folgen für die Theorie der Gehörbildung.

 

Theorie der vollständigen Beschreibung von Universen

Die Theorie der vollständigen Beschreibung (Ṯ) von Universen gibt an, welche minimale Kollektion an Eigenschaften ein Universum vollständig beschreiben, und welche Kollektionen dies konkret tun. Eine vollständige Beschreibung macht Aussagen über die kleinste Menge an Informationen zur Beschreibung eines Universums. Möglicherweise sind auch andere Applikationen vorstellbar. Φ-Universen und darauf aufbauende Ψ-Universum haben nicht identische Ṯ. Welche Abhängigkeiten bestehen? Welchen Erkenntniswert hat die Analyse dieser Frage? Falls musikalische Objekte im Hirn in irgendeiner Art als Bündel von Eigenschaften abgespeichert sind: Hilft uns die Theorie zu , die Art der Speicherung besser zu verstehen? Folgt die Speichermethode den abstrakten mathematischen Strukturen von oder erfolgt sie anders?

Eine Standardfür ein Zweiton-Φ-Universum (Φ(2)) besteht aus Tonhöhe und Dauer des ersten Elements sowie Tonhöhe und Dauer des zweiten Elements, also aus vier Elementen. Eine Nicht-Standard-Φ(2) besteht zum Beispiel aus Tonhöhe des ersten Elements sowie Höhenverhältnis und Längenverhältnis des zweiten Tons zum ersten Ton. Lassen sich alle Nicht-Standard-eines beliebigen Universums in die jeweilige Standard des Universums umformen?

Die Überlegungen zur Wahrnehmung serieller Intervallqualitäten dürfte zu einem Grundprinzip führen:

Fundamentale Vermutung der musikalischen Ontologie (FMO)

Qualia von musikalischen Objekten (z.B. Intervallen) müssen immer Eigenschaften physiologisch messbarer Phänomene sein (d. h. im entsprechenden Φ-Universum nachweisbar sein).

Intervallqualitäten als zweistellige Ψ-Eigenschaften sind nicht möglich, falls die FMO gültig ist. Musik ist genuin ein nominalistisches Projekt. Schwierigkeiten bietet im Fall einer konsequenten nominalistischen Formulierung musikalischer Ontologie der notwendige Miteinbezug von Wissen oder Vermutungen über die Eigenschaften musikalischer Objekte, weil diese ebefalls im Φ-Universum lokalisiert werden müssen.

Wo verortet man in diesem Fall Eigenschaften wie Leittönigkeit («Tendenz andern Tönen hin»)?  Muss  die Existenz solcher Eigenschaften, die den FMO mutmasslich verletzen, dazu führen, dass wir die nominalistische Sicht aufgeben müssen. Lässt sich Leittönigkeit im Φ-Universum lokalisieren oder ist sie eine reine Ψ-Eigenschaft und damit vollständig ein mentales Konstrukt?

Objektbildung (Gestalten):

Kann man bei zwei Tönen von einer zusammenhängenden Gestalt sprechen, die vorliegt oder nicht, oder entsteht das Phänomen Gestalt erst mit drei Tönen, in in 3, 2/1 und 1/1/1 unterteilt werden können. Lässt sich diese Frage experimentell beantworten oder ist es eine rein theoretische?